Es muss nicht immer die Highspeed-Action oder das größte Grauen in der Menschheitsgeschichte sein, um ein Videospiel sowohl narrativ als auch gameplaytechnisch auf ganzer Ebene gelingen zu lassen. Es reicht ein einsamer Maler, der aufgrund des letzten Wunsches seiner Mutter eine fremde Insel besucht und der ihre Erinnerungen auf Leinwand einfangen will. Und dabei auf eine sehr interessante Welt mit vielen Geheimnissen stößt, die den Spieler zum freien Erkunden einlädt.
Basisgameplay ist sehr simpel: Man erkundet Eastshade, redet mit den Bewohnern und erfüllt Aufträge von und für diese. Diese können unterschiedlich ausfallen, eventuell sucht man Materialien oder Pflanzen oder man zeichnet ein Bild von einer besonderen Begebenheit. Das Malen ist sehr einfach gehalten, sofern man eine Leinwand hat (gecrafted oder gekauft), kann man die Proportionen eines Rechtecks in seinem Sichtfenster einstellen und das Bild wird automatisch daraus gezeichnet. Das Spiel setzt spielerisch keine herausfordernden Akzente, dafür sollen Missionsdesign und Narrative sowie die frei erkundbare Insel überzeugen. Und das tut es auf alle Fälle.
Großes Highlight war mich für eine gesonderte Episode, in der man auf einer See-Insel in einem kleinen Inn während eines Sturms strandet und dabei eine kleine, aber feine Detektivstory spielt. Dieser Abschnitt wirkt wie ein Mikrokosmos des gesamten Spiels, die Charaktere sind gut geschrieben, die Lore tief genug, um sich ein gutes Bild von dem Fall zu machen. Von der Fülle an Verdächtigen lassen sich zahlreiche Indizien für und gegen einen Schuldspruch finden, aber es wird nicht wie in Detektiv-Spielen ein Notizbuch oder ähnliches geführt. Der Spieler muss sich die Inhalte selbstständig in seinem Kopf zusammenbauen und so Motiv und Täter eigenständig herausfinden. Das ging bei mir soweit, dass ich am Ende zwei beinahe gleichwertige Verdächtige hatte, beide mit starken Motiven, aber nur ein einzelner Hinweis (leicht zu übersehen, wenn man sich lediglich auf die "Marker" des Spiels fokussiert, statt auf die Dekoration des Levels) hat am Ende den Ausschlag gegeben.
Aber die anderen Missionen stehen dem nicht hinterher. Die Insel ist bevölkert mit den unterschiedlichsten Charakteren und nahezu jede ist eine eigene Erinnerung für sich. Man erschließt sich die Insel zudem durch eine Reihe von gecrafteten Gegenständen wie Booten, um noch mehr von der Insel erkunden zu können. Wer Walking-Sims mag, aber mehr "Anspruch" möchte, der ist auf Eastshade sehr gut aufgehoben. Unter normalen Umständen würde ich hier den neuen Anführer meines Rankings unten beschreiben...
Leider gibt es einen riesigen Elefanten im Raum: die fucking Technik. Das Spiel macht es von sich aus bereits nicht leicht, denn Voice Acting und das Figurendesign (antropomorphe Tiere) nebst sehr steifer Animation zehren an den Nerven. [mention]Vecrix[/mention] konnte die Stimmen im Spiel ohne Fokus darauf nicht ertragen und ist in ein anderes Zimmer geflohen

Die Liste der technischen Unzulänglichkeiten, die das gesamte Spielerlebnis darüber hinaus trüben, ist lang. Texturen sind sehr verwaschen und Kantenflimmern ist schon sehr extrem, zudem sind einige Naturmodelle nicht modelliert, sondern lediglich in 2D-Form anzutreffen. Wenn man ruhig steht, kann es zudem passieren, dass Objekte in der Nähe und in der Ferne aufploppen oder verschwinden. Setzt man sich in Bewegung, kann es leider zu oft vorkommen, dass die Framerate einbricht und das Spiel optisch einige Sekunden nachlädt. Und einige Male kann es sogar vorkommen, das bei einem Wechsel in einen "neuen Bereich" das Spiel komplett überlastet, einfriert und plötzlich Sounds aus allen erdenklichen Richtungen kommen. Neustart dauert sehr lange, weil die Ladezeiten recht lang werden. Von etlichen Bugs und Glitches innerhalb der Spielwelt und der NPC mal abgesehen.
Am schlimmsten wurde es in der letzten Stunde meines Spielens: Dort fror das Spiel etliche Male in Folge ein, weswegen ich mir angewöhnt habe oftmals in Folge manuell zu speichern. Gut, dass es dennoch ein AutoSave gab, denn so wäre ich aus den unsichtbaren Eisbergen, in die ich ohne es zu ahnen hineingeschippert und aufgrund dann plötzlich wieder auftretender Kollisionserkennung gefangen worden bin, nie wieder herausgekommen. Neuladen hat nämlich die unsichtbaren Eisberge übernommen, deswegen war ein noch älterer Save notwendig, um wirklich aus der Misere herauszukommen.
Eastshade ist ein wundervolles Spiel und es tut mir echt in der Seele weh, dass es mich gerade gegen Ende aufgrund seiner technischen Probleme auf der Xbox One nur noch frustriert hat. Bin gespannt, ob es auf PC besser läuft, oder es ein allgemeines Spielproblem ist.
Persönliches Ranking 2021:
01. Vampyr [PS4]
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02. Haven [PS5]
03. Final Fantasy XV - Royal Edition [PS4]
04. Nexomon [PC]
05. Eastshade [XBO]
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06. Mittelerde: Schatten des Krieges (inkl. Blade-DLC) [PS4]
07. Destruction AllStars [PS5]
08. Super Mario Land [GB]