Im zweiten Anlauf an Final Fantasy XV bin ich nun mit dem ganzen Paket durch, d.h. ich habe die Royal Edition des Hauptspiels sowie die vier DLC-Episoden Ardyn, Gladio, Ignis und Prompto durchgespielt. Dabei sind mir so unglaublich viele Sachen durch den Kopf gegangen, ich hoffe, ich kann die hier einigermaßen klar und verständlich wiedergeben.
Royal Edition
Mein erster Anlauf letztes Jahr ist nun rückblickend betrachtet echt an der "schlechtesten" Stelle überhaupt eingetreten, denn dieser Punkt in der Handlung (
kurz vor der Überfahrt nach Altissia) stellt für mich jetzt beim zweiten Versuch einen echten Wendepunkt dar. Im Grunde fing ich das Spiel nämlich erst mit der Ankunft in dieser Stadt wirklich zu mögen

Das größte Problem für mich bei FF15 ist es, dass man an so vielen Stellen merkt, was es hätte sein können, was aber durch die Entwicklungshölle oder andere Entscheidungen der Macher komplett verhindert wurde. Da steckt ein prinzipiell richtig gutes Spiel mit einer ganz guten Story drin, aber leider sind es viel zu wenige Momente, wo ich wirklich vom Spiel "beeindruckt" war.
Zuerst einmal das Spielerische: Ich hatte ein wenig Probleme mit dem Kampfsystem von Noctis. In der Theorie habe ich so viele Möglichkeiten, aber wie in kaum einem anderen Spiel hatte ich hier das Gefühl, dass mir persönlich die anderen Waffenarten und Zauber etc. nichts bringen. Im Endeffekt habe ich mich weitestgehend mit Warp-Angriffen durchgedrückt und vereinzelt Magie eingesetzt, um größere Gegnerhorden zu bekämpfen. Die Königswaffen und die anderen Waffenarten waren mir einfach nicht durchschlagskräftig genug oder entsprachen Null meinem Spielstil. Meine Brotherhood war auch ganz sinnvoll, allerdings habe ich gefühlt zu 80 Prozent Ignis, 19 Prompto und dann noch 1 Prozent (gefühlt aus Versehen

) Gladio eingesetzt.
War ganz launig das Kämpfen im Großen und Ganzen, das gesamte Fertigkeits- und Levelsystem hingegen hat mich die ersten Kapitel über Wasser gehalten, um das Spiel auch wirklich durchzuspielen. Im Gegensatz zum ersten Durchgang habe ich mich diesmal am Anfang sehr stark an den ganzen Neben- und Jagdmissionen abgearbeitet, wodurch ich bereits in Kapitel 3 beinahe bei Level 50 war. Das gesamte System mit dem Ansammeln von Erfahrungspunkten und dann das "auf einen Schlag" aktivieren (vor allem mit einem Boost am Galdin Kay) hat mir sehr gut gefallen. Unter dem Aspekt sind dann auch die Fähigkeitspunkte toll gewesen, um meinen Stil weiter zu verfeinern. War allerdings erstaunt, dass man in diesem System relativ wenig "direkten" Einfluss auf die Statuswerte hatte, was in Spielen dieser Art ja eigentlich nicht unüblich ist.
Bis zum Schluss blieben Level/Weltendesign sowie das damit einhergehende Traversal das größte Manko auf spielerischer Ebene. Das langsame Voranschreiten in der Welt durch das Fahren (oder Fahren lassen) für weite Strecken sowie das noch viel langsamere Laufen einhergehend mit so vielen Wänden, Felsen oder Zäunen, die mich in meinem Bewegungs- und Erkundungsdrang einschränkten, - so mag ich Open Worlds nicht wirklich. Die stärksten Momente hatte das Spiel hier, wenn ich einen der sehr spärlichen Dungeons gefunden und in den linearen Schlauch abgetaucht bin. Mitten in der Nacht am Ende einer Höhle plötzlich einem gewaltigen Bossgegner zu begegnen, der den Eingang zu einem Königsgrab bewacht hat, war wirklich nett. Hätten sich die Magitek-Soldaten nicht in nahezu jeden Kampf bei mir eingemischt, wären die Nächte allgemein das coolste Element des Spiels gewesen. Da hat für mich die Atmosphäre einfach gepasst.
Und dann ist da natürlich die Story von FF15... was für zwiegespaltenes Machwerk, welches sich für mich an der bereits erwähnten Stelle um 180 Grad dreht. Vorher hatte für mich die gesamte Handlung null Eindruck. Die Charaktere sind allesamt zwar recht sympathisch und deren Interaktion ist an einigen Stallen recht spaßig, aber dies ist im Grunde nur schmückendes Beiwerk. Der Einstieg ins Spiel schaffte es nicht, mich emotional mit den Figuren der Welt zu verbinden, stattdessen bin ich sofort aus der Heimat weg, habe gefühlt null Bindung zum König und bin direkt auf dem Trip zur Hochzeit mit Lunafreya. Als hätte man mir den 1.Akt der Geschichte komplett unterschlagen, steigen wir quasi mittendrin ein und das wirkliche Futter für die Beziehungen der Charaktere zueinander sowie den Mainplot bekomme ich erst, wenn es "zu spät" erscheint. (
Dies wird vor allem bei der Szenenfolge von Insomnias Zerstörung und Regis Tod deutlich: Als Spieler dürfen wir es direkt sehen, quasi als paralleles Ereignis, direkt anschließend daran wird es Noctis erzählt - hier verpassen die Writer die Möglichkeit, dass Spieler mit Noctis "mitfühlen" können, weil sie selbst von dieser Nachricht überrascht werden und in der anschließenden Mission weiterhin das Ungewisse bleibt. )
Der Verlauf der Handlung über diese Kapitel bis Altissia ist dann abgesehen vom
Titan-Kampf so uninspiriert. Noch schlimmer, Charaktere wie Ardyn, die im späteren Verlauf enorm an Bedeutung hinzugewinnen, werden hier komplett verheizt und entwickeln erst später ein narratives Profil. Aber hey, Iris ist süß
Mit der Ankunft in Altissia und den damit einhergehenden Weiterentwicklungen nimmt FFXV dann für mich unglaublich an Fahrt auf, wodurch das Spiel für mich weitaus besser wegkommt, als es mit einer Fortsetzung der vorherigen Formel erreicht hätte. Das Profil der Handlung schärft sich und das zieht sich über den Rest des Spiels durch. Schade nur, dass meine beiden Lieblingscharaktere insgesamt so wenige Momente zum Scheinen bekommen (Ardyn, Lunafreya), stattdessen werden deren Highlights nur angedeutet oder in einen DLC gesteckt. Im gesamten Paket ist die Schärfung der Narrative auf die "Auserwählten-Story" und deren Konsequenzen das weitaus stärkere Spiel, als der Buddy-Roadtrip mit Hindernissen zuvor.
Zwei Sachen möchte ich das besonders hervorheben:
Das
Opfer von Noctis am Ende ist das ideale Ende für diese Geschichte gewesen. Man kann darüber streiten, ob eine solche "Schicksal definiert Leben"-Geschichte jedermanns Geschmack ist, aber im Rahmen dieser Plotline überzeugt das Konzept von Final Fantasy XV.
Lunas Tod sowie die unerfüllte Liebe (deren Natur man einfach als "rein" bezeichnen muss) daraus sind stark, wodurch ich den Moment
bei ihrer Rückkehr kurz vor dem Finale, wo beide die Hände nacheinander ausstrecken, aber die Nähe ihnen nicht vergönnt ist, stark finde - sehr kitschig, aber stark. Dass Noctis aufgrund der unterschiedlichen Opfer selber zur Opferbereitschaft fähig ist, passt in den insgesamt sehr melancholischen Ton der Handlung. Im Endeffekt die "realere" Botschaft, wenn man nicht immer ein Happy End für seine Mühen erhält.
Und dann das ominöse Kapitel 13...was hab ich vorher darüber gehört, wie furchtbar es sein soll und so weiter....
Sicherlich habe ich mit der Royal Edition eine abgeschwächte Version mit weitaus stärkerem Ring gespielt, aber die ganze Aufregung darum verstehe ich nicht. Spielerisch war es Abwechslung, einzig das monotone Design der Gänge würde ich als störend betrachten. Allerdings unterstreicht dies nur die Bedrückung, die der Abschnitt erzeugen soll. Warum da die Entwickler einen alternativen Pfad reinpatchen müssen, nur um die Spielerschaft zu befriedigen.
Episode Ardyn
Die Episoden wollte ich nach vermeintlich inhaltlicher Chronologie spielen. Das sorgte dann leider dafür, dass ich den insgesamt besten DLC direkt zuerst spielen durfte

Ich mochte nach Altissia Ardyns Charakter sehr und auch nach dem DLC, wo mir die Motive seines Handelns sowie sein kompletter Verfall näher dargestellt werden, hat sich dieser Eindruck nur verstärkt. Ich hätte mir im Grundspiel ein wenig mehr von diesem Ardyn gewünscht, damit man ein besseres Bild von ihm bekommt und mit dem ganzen Buddy Roadtrip davor hätte es genug Möglichkeiten gegeben - aber nee...
Spielerisch ist das Kampfsystem sehr toll und eine klare Weiterentwicklung von Noctis Kampfstil. Gegnervielfalt ist zwar überschaubar, aber sowohl der stark lineare Part zu Beginn als auch der "Mainpart" in der offenen Spielwelt haben mir sehr gut gefallen. Und abgesehen von der ganzen "SCHICKSAL!!!"-Narrative am Ende war es auch die beste Story.
Episode Gladio
"Hey, ich hab da noch was zu erledigen" - "Was denn, Gladio?" - "Ich muss mich beweisen, weil dieser doofe Ravus mich gegen Ragalia geschubst hat"
Nee, das wäre wirklich keine gute Einbindung in die Hauptstory für diesen Abschnitt gewesen.

Narrativ der blödeste DLC, vor allem wenn man den Zeitpunkt betrachtet, an dem er in der Hauptstory spielt. Dies hätte viel besser gepasst, nachdem
Ignis blind geworden ist und Gladio diesen offensichtlichen Streit mit Noctis sucht. So wirkt dieser Selbstfindungstrip ein wenig überflüssig und fehl am Platz, aber es gibt wenigstens für Cor ein wenig mehr Charakter. Für Gladio hingegen nicht

Spielerisch kann ich aber nicht meckern, sein Kampfstil ist wirklich gut, auch wenn ich das Blocken nicht zu 100% verinnerlicht habe gegen Ende (was auch an den Gegnermustern lag, die das nicht so astrein dargestellt haben). Hier habe ich auf jeden Fall ein Gespür für diesen Kampfstil gewonnen, was mir im Royal Edition-Bossrush am Ende ein wenig verwehrt wurde, wo ich für Todesstöße sinnloserweise kurz in die Rollen der drei Freunde schlüpfen musste
Episode Ignis
Sehr schnelles, tolles Kampfsystem, was ich gerne tiefer beleuchtet gehabt hätte im Spiel (gerade die Unterscheidung der Elemente hätte mehr Einfluss nehmen müssen). Leider wirft der Grund
"wie" Ignis blind geworden ist ein wenig Schatten auf das Hauptspiel, weil es dort kaum zur Sprache gekommen ist. Dabei spielt es ideal in die Symbolik von Opfer und Opferbereitschaft rein, die das Spiel in den Kapiteln konsequent verfolgt.
Achja, alternatives Ende war spielerisch ganz nett, aber inhaltlich irgendwie, naja...
Episode Prompto
Auch ein toller Charakter, der allerdings den schwächsten DLC für sich serviert bekommt. Bereits im Hauptspiel war mir zu wenig daraus gemacht worden, dass Prompto eine andere Rolle in Noctis Leben spielt als Gladio und Ignis und es wird dann in Kapitel 13 zumindest kurz seine wahre Herkunft angedeutet, aber das war dann doch irgendwie ein wenig zu viel des Guten. Mit der ganzen
Klonthematik wird ein so riesiges Identitätsfaß aufgemacht, welches fast schon random wirkt. Er hätte einfach
ein Niflheimer bleiben sollen, meinetwegen Kind irgendwelcher wichtiger FIguren, aber Klon des Hauptwissenschaftlers, der mit Ardyns Befreiung und der Entwicklung der Magitek zu tun hatte?? Dabei weiß der DLC trotzdem narrativ zu gefallen, wird doch die Sinnkrise, ob Prompto noch für Noctis genug Wert besitzt, recht gut wiedergegeben.
Und spielerisch, tjoa, kann man machen. Hat mir am wenigstens Spaß gemacht mit Prompto zu kämpfen in dieser Art Third Person-Shooter Einlage. Und während der
Kampf gegen Barabas noch ganz nett war, wirkte der
Endkampf gegen Immortalis aka Klondaddy in neuer, mechanischer Gestalt komplett fehl am Platz.