
Früher, vor allem zu 16- und 8-Bit-Zeiten, war es ja noch üblich, dass das gleiche Spiel mit völlig grundverschiedenen Covern in den Regionen verkauft worden. Gerade bei JRPGs gab es in Japan knuddelige Animemotive, und in den EU- und US-Fassungen räkelten sich leichtbekleidete Amazonen und posierten muskulöse Helden vor düsterem Himmel, ob es zur Spielgrafik passt, oder nicht.
An dieses Phänomen musste ich bei diesem Spiel oft denken, denn das Spiel macht das die ganze Zeit selbst mit einem Clash zwischen relativ realistisch proportionierten Kampfmodellen und Kopffüßlern auf der Oberwelt. Am absurdesten war es, als mich an einer Stelle ein Chibi-Mönch mit süßen Zöpfchen auf dem Kopf zum Duell auffordert, und im Kampfbildschirm stehe ich plötzlich Heihachi Mishima aus Tekken gegenüber, und er ist wütend!
Ja, es war ein süßes Rollenspiel, das sich so extrem an die seit Jahren erprobte Formel klammert, das es einfach süß ist. Wir reden hier von einer Welt, in der man seit über einem Jahrzehnt nicht mehr reisen kann, aber jede Siedlung hat trotzdem ein bewirtetes Gasthaus, schließlich regeneriert man in einem RPG eben Energie bei Übernachtungen in Gasthäusern!
Es ist durchweg ein harmloses, sanftes Spiel, das man ohne weitere Hindernisse und grinden durchspielen kann. Ein paar Bosse waren zwar fordernd, Game Over ging ich aber nie.
Das Balancing ist allerdings nicht perfekt. Das Kampfsystem ist eigentlich interessant, wie in einem Beat'em Up reiht man seine Moves aneinander und bestimmte Kombis lösen Spezialattacken aus. Das Problem: Anfangs muss man das noch gegen normale Gegner verwenden, aber bald kann man so viele Schläge aneinanderreihen, dass man auch ohne Spezialmanöver ordentlich austeilt. Also bin ich dazu übergegangen, mir das Verbrauchen und Regenerieren der nötigen Spezialpunkte zu sparen und mir das für die Bosse aufzuheben. So habe ich das System am effizientesten genutzt, aber natürlich ist das dann nicht besser als andere RPGs, wo man ständig auf die Standardattacke klickt.
Die Magie ist cool, aber ebenso im Punkteverbrauch viel zu hoch für einen Schadensbonus, den man fast nie braucht. Magie habe ich kaum benutzt, obwohl stärkere Sprüche echt cool inszeniert sind. Aber da man über Magie auch am effizientesten heilt, habe ich die Magiepunkte bei Bossen lieber dafür angewendet, Angriffszauber ergo völlig außen vor gelassen.
Ferner muss man sagen, dass die Schlagvarianten in diesem Pseudo-Beat'em Up-System auch deshalb nicht ausgereizt würden, weil man damit zwar auch einzelne Teile des Gegners anvisieren kann, aber diese keinen separaten Schaden erleiden, man also keinen Schwertarm lahm machen könnte oder so etwas. Hybrid Heaven hatte in der Gen ein im Prinzip nicht so unähnliches Kampfsystem viel besser benutzt. Im Endeffekt muss man bei Legend of Legaia nur aufpassen, dass man nicht mit hohen Angriffen über kleine Gegner schlägt oder mit tiefen Tritten unter fliegende Gegner kickt. Auf mehr muss man zu 99% nicht achten. Schade!
Die Geschichte plätschert vor sich hin. Auch da wirkt es eher SNES-like. Die Textboxen enthalten jeweils nur zwei Zeilen, die Dialoge sind entsprechend knapp. Aber so bleibt alles im Fluss. Speicherpunkte sind häufig, nur im letzten Dungeon muss man relativ lange an einem Stück durchhalten.
Die Grafik ist Echtzeit 3D, das Spiel bleibt vorrangig in der Vogelperspektive. Zum Ende hin traut sich das Spiel immer öfter ein bisschen mehr und zeigt manche Ecken in aufregenderen Perspektiven. Dabei fällt auf, dass die Grafikengine eigentlich recht patent mit hoher Sichtweite ist. Es ist echt schade, dass es nicht durchweg eine gute Bildregie verwendet sondern größtenteils wie ein SNES-RPG aufs Geschehen blickt.
Netter Nostalgieflash, bei dem mit hohem zeitlichen Abstand die Schwäche (sehr altmodisch zum Release) zu einer herzerwärmenden Stärke wurde.